Das war ein grandioses CSD-Jubiläum!
CSD-Pressemitteilung vom 19.7.2010
30 Jahre CSD München am 17./18.Juli
Lesben, Schwule und Transgender feierten Erfolgsgeschichte, demonstrierten bunte Vielfalt und forderten Toleranz und gleiche Rechte
Am Tag danach nur zufriedene Gesichter bei den Veranstaltern LeTRa, Sub, Münchner Aids-Hilfe und Rosa Liste: die Schlechtwetterprognosen und Gewitterwarnungen sind nicht eingetreten. Über hunderttausend Lesben, Schwule, Transgender feierten zusammen mit vielen anderen Münchnerinnen, Münchnern und Gästen in ausgelassener Stimmung beim zweitägigen Straßenfest um den Marienplatz ihre 30jähige CSD-Erfolgsgeschichte. Selbst der Dauerregen am Samstagabend vertrieb die Feiernden nicht: den Auftritt der schwulen Coming-out-Ikone Jimmy Somerville wollte man nicht verpassen. Und am Sonntag platzte der Marienplatz beim beliebten „StöcklRace RELOADED“ bei sommerlichem Festwetter aus allen Nähten. Das CSD-Wochenende mit Parade und Straßenfesten hat sich längst als Highlight im Münchner Veranstaltungskalender etabliert und ist dort nicht mehr wegzudenken.
Pünktlich zum Glockenspiel um 12 Uhr gaben CSD-Sprecherin Rita Braaz und Stadtrat Thomas Niederbühl das Startzeichen für die Politparade - ließen aber zuvor noch die Erfolgsgeschichte der 30 Jahre Revue passieren und Rita Braaz formulierte zur rechtlichen Gleichstellung auch die zentralen Forderungen des Wochenendes, die immer wieder zu hören waren: Aufnahme des Anti-Diskriminierungsmerkmals „sexuelle Identität“ ins Grundgesetz, Öffnung der Ehe und Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare.
Angeführt wurde die Politparade durch die Münchner Innenstadt, zum ersten Mal mit einer Ehrenrunde um den Viktualienmarkt, wieder von Rosa Liste-Stadtrat Thomas Niederbühl und Oberbürgermeister Christian Ude, der seit 16 Jahren Schirmherr des Münchner CSD ist. Zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten 30.000 Schaulustigen mit 52 Wagen und Fußgruppen -soviel wie nie- die bunte Vielfalt der Münchner Community. Selbstverständlich sorgten auch kreativen Kostüme und nackte Haut für beliebte Fotomotive, aber darauf ließ sich die Demonstration nicht reduzieren. Denn mit dem Motto „Deine Stadt – Deine Community – Deine Freiheit“ zeigten die Gruppen, Initiativen und Vereine nicht nur, dass sie München sozial, kulturell und gesellschaftspolitisch bereichern, sondern auch wie die Community München zu seiner Stadt machte und wo die Freiheit der Einzelnen noch durch Vorurteile, Diskriminierung und Ungleichbehandlung eingeschränkt wird. Der fröhliche und bunte Szene-Festzug war damit eine politische Demonstration für Akzeptanz und Solidarität.
Und die Politik war auch am Nachmittag mit einem Polit-Talk Münchner Kommunalpolitikern und vielen Statements von Community-Vertreterinnen und -Vertretern fester Bestandteil auf der großen Show-Bühne am Marienplatz. Stadtrat Niederbühl sah in der schwul-lesbischen Münchner Erfolgsgeschichte („Wir waren noch nie so sichtbar und so akzeptiert“) allen Grund zum Feiern. Trotzdem garantiere die Homo-Ehe, ein schwuler Außenminister und Anne Will noch keine wirkliche Akzeptanz und rechtliche Gleichstellung. Lesben, Schwule und Transgender erfahren im Alltag und im Berufsleben immer noch Vorurteile, Diskriminierung, manchmal auch Gewalt. „Solange es nicht auch einen schwulen Polizeipräsidenten, eine lesbische Bischöfin, eine Transgender-Bürgermeisterin oder bei der nächsten Fußball-WM einen offen schwulen Nationalspieler gibt, ist noch genug zu tun“, sagte Niederbühl. Oberbürgermeister Ude rief der jubelnden Menge zu: „Diese Stadt ist in den letzten Jahren immer mehr Ihre Stadt geworden!“ Doch die Szene solle „nicht besoffen werden wegen der tollen Erfolge, die erzielt wurden, sondern politisch wachsam bleiben, wo es noch an Aufklärung, Verständnis und Toleranz fehlt.“ Gerade mit den Bevölkerungsgruppen der Stadt, deren Frauenbild nicht dem Grundgesetz entspräche und die Homosexualität ablehnten, solle der Dialog eingeleitet werden. Und schwul-lesbischen Jugendlichen, die aus Migrationsfamilien kämen, müssten auch öffentliche Hilfestellungen geboten werden. Nach Ude demonstrierte Claudia Roth im Dirndl, dass Bayern auch ein Regenbogenland sei. Sie sprach 1997 als erste Politikerin beim Münchner CSD, nachdem sie Homosexualität im Europaparlament thematisiert hatte. Sie gratulierte zu den Münchner Erfolgen und mahnte: „Am Montag nach dem CSD keine Bescheidenheit: Ich will ich sein!“
Von Bescheidenheit war am Wochenende jedenfalls nichts zu spüren. Am völlig überfüllten Rindermarkt tobte wieder zwei Tage Münchens größte Open-Air-Disco. Die über 30 Info-Stände der Community zu ihrer vielfältigen Arbeit und die Open-Air-Ausstellung des Forum Homosexualität zu 30 Jahre CSD-Geschichte fanden großen Zulauf. Besonders bei Kindern und Familien war die neue „Regenbogenfamilien-Area“ am Marienhof beliebt. Den ganzen Samstag hatten dort nicht nur die Kleinsten Spaß beim betreuten Unterhaltungs- und Spielprogramm. Die Älteren holten sich bei den „LesMamas“, einer Gruppe lesbischer Frauen „mit Wunschkindern und Kinderwunsch“, aktuellste Informationen zu Regenbogenfamilien. Jetzt will sich auch eine Gruppe schwuler Papas gründen.
Und am Samstagabend strömten wieder über 2500 Menschen ins Rathaus zum ausverkauften Clubbing, das als Ausdruck toleranter Rathauspolitik bereits zum 8. Mal stattfand. Bis 5 Uhr wurde in sämtlichen Sitzungssälen, Fluren und Innenhöfen getanzt und gefeiert – mit dem stolzen Bewusstsein, dass nur der CSD München sein Rathaus rockt, was genauso einmalig in der Republik ist wie das Rathausbündnis mit Rosa Liste.
„Das war ein grandioses, fröhliches und friedliches CSD-Jubiläum!“, resümiert CSD-Sprecherin Rita Braaz: „Der Zuspruch gibt uns recht: uns ist wieder eine hervorragende Mischung aus Politik und Party gelungen, bei der die Community und das tolerante München einfach gern mit dabei ist.“
Verantwortlich:
Thomas Niederbühl, Politischer Sprecher des CSD, 0171 – 834 88 53