„Ich möchte dazu beitragen, diese Erfolge zu erhalten und auszubauen“
Lars Fröhlich, 32, Coming-out 1992. Er ist seit 1997 im Sub aktiv und lebt in Bogenhausen.
Coming-out
Wann hattest du dein Coming-out?
Mit 15 Jahren bei meiner Großmutter. Sie kam mehrmals im Jahr zu Besuch und fragte irgendwann, warum ich nicht mal meinen Freund zum Wandern mitbringe. Ich reagierte zunächst ausweichend, worauf sie meinte, sie sei zwar alt, aber nicht von gestern. Dann habe ich ihn ihr schließlich vorgestellt.
Wie hast du dich gefühlt, als Du sicher warst: Ich bin schwul?
Irgendwie komisch. Ich bin in einem kleinen 1000 Seelenkaff aufgewachsen und kam mir als Sonderling vor. Ich wusste nicht, ob es noch andere wie mich gibt.
Wie haben deine Eltern reagiert?
Meiner Mutter habe ich es gesagt, kurz nachdem ich meinen ersten Freund kennen gelernt hatte. Ihre Reaktion war nicht schön. Und sie meinte: Das behalten wir für uns. Mein Vater hat es dann zufällig erfahren.
Wusstest du damals von schwulen Männern in deiner Umgebung?
Ich hatte gehört, dass es im Ort auch den einen oder anderen „vom anderen Ufer” geben soll. In meinem dörflichen Umfeld wurde auch viel über den ersten Männerkuss in der TV-Serie Lindenstraße gesprochen.
Was bedeutet für dich dein Schwulsein?
Ich hatte gehört, dass es im Ort auch den einen oder anderen „vom anderen Ufer” geben soll. In meinem dörflichen Umfeld wurde auch viel über den ersten Männerkuss in der TV-Serie Lindenstraße gesprochen.
Was bedeutet für dich dein Schwulsein?
Es hat für mich persönlich keine große Bedeutung. Es ist für mich selbstverständlich und einfach mein Leben.
Wer sind Deine schwulen Helden?
Da fallen mir keine einzelnen Personen ein. Mir imponieren alle Menschen, die offen schwul, offen lesbisch leben. Egal, welche Widrigkeiten sich ihnen in Weg stellen.
Warum sind Vorbilder für Dich wichtig?
Sie inspirieren und motivieren mich auch für meine Arbeit in der Szene und im Sub.
Welches Erlebnis hast du im Zusammenhang mit deinem Schwulsein als besonders schmerzhaft empfunden?
Immer wieder negative Reaktionen auf meine diversen Coming-outs bei Familie, Freunden und Kollegen, die mit Unverständnis und Intoleranz reagiert haben. Freunde haben mich ernsthaft gefragt, ob ich nicht eine Therapie machen will. Das fand ich erschütternd.
Und welches als besonders schön?
Beeindruckt hat mich die Reaktion einer sehr guten Freundin, als ich ewig rumstotternd mich nicht wirklich outen konnte. Irgendwann meinte sie: Sag endlich, dass du schwul bist, dann können wir den Film weiterschauen. Ich weiß es doch sowieso schon. Mir viel ein riesiger Stein vom Herzen.
Community
Was bedeutet dir die Community?
Vor allem Zusammenhalt und das gemeinsame Erkämpfen unserer Ziele. Auch Spaß und Aktivitäten wie CSD, Hans-Sachs-Straßenfest oder Maibaumfest.
Und wie hat sie sich verändert?
Ich ärgere mich immer wieder über Oberflächlichkeit. Positiv ist, dass die Vereine Sub, LeTRra, Transmann und Viva TS immer besser vernetzt sind.
Warum ist eine solidarische, sichtbare und starke Szene für München wichtig?
Eine Szene ist nicht nur für München, sondern generell wichtig. Wir brauchen eine Plattform, um uns zu artikulieren. Wir haben in München bereits eine sehr gut funktionierende Szene. Das Sub arbeitet weiter daran, sich mit Freunden, Unterstützern und Kollegen in der Szene zu vernetzen, so dass wir noch mehr für die Szene und uns bewegen können.
München
Ist München heute eine schwulen-/lesbenfreundliche Stadt?
München ist größtenteils sicher, aber es gibt nach wie vor Diskriminierungen im privaten wie beruflichen Umfeld. Mich betrifft das zum Glück zwar nicht, aber wir kennen im Sub die Geschichten von anderen Schwulen aus der Schule, von der Arbeit oder beim Ausgehen. Da muss im Detail noch viel getan werden durch Überzeugungsarbeit und durch Aufklärung. Dann gehören vielleicht auch bald die gewalttätigen Übergriffe am Innsbrucker Ring der Vergangenheit an. Dort werden immer wieder schwule Männer beim Cruisen angegriffen.
Sub
Warum engagierst Du dich für das Sub?
Für Lesben und Schwule ist in München viel erreicht worden. Ich möchte dazu beitragen, diese Erfolge zu erhalten und auszubauen.
Auf welche drei Erfolge bist du besonders stolz?
Erstens: auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen unseren haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Zweitens: Wir haben seit kurzem einen hauptamtlichen Leiter „Projekte Sub" mit geschäftsführender Funktion, dank Rosa Liste und Grüne.
Drittens: auf den Maibaum am Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz.
Welche wichtigen Vorhaben wollt ihr demnächst umsetzen?
Das Wichtigste ist der für 2011/2012 geplante Umzug in die städtische Räume in der Müllerstraße 14. Damit bekommt München ein größeres Schwulenzentrum, und die Beratungsstelle und das Kulturzentrum sind an einem Ort vereint.
Warum sollte ich mich in deinem Verein engagieren?
Weil wir auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesen sind. Ohne die 150 Leute, die sich hier unentgeltlich für den Verein und die Szene engagieren, könnten wir unsere Arbeit einstellen. Sie bekommen aber auch eine Menge zurück, können sich einbringen, viel bewegen und lernen. Außerdem bietet die ehrenamtliche Arbeit im Sub auch die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.
Kann ich das auch stunden- oder projektweise tun?
Beides ist möglich. Im Theken- oder Infodienst kann man stundenweise arbeiten. Für ein langfristiges Engagement bieten sich die Abendberatung, das Hans-Sachs-Straßenfest oder das schwule Patenprojekt an.
Christopher Street Day
Dein erster CSD?
1997 in München. Das war schon ein komisches Gefühl, mitten durch Leute zu laufen, die rechts und links gucken. Ich war aber froh, dabei zu sein und so ein Statement abzugeben.
Was bedeutet er dir heute?
Es ist die große gemeinsame Party der Szene. Und der CSD ist immer noch wichtig, um schwules, lesbisches und Trans-Leben in die Öffentlichkeit zu bringen.
Immer größer, immer bunter, immer lauter: Gibt es etwas, was du an der Entwickung des Christopher Street Days bedauerst?
Zum Teil steht der Partycharakter zu sehr im Vordergrund. Klar haben wir alle Spaß, aber oft bleibt der eigentliche Grundgedanke des CSD etwas im Verborgenen. Und der ist nun mal politisch. Die ersten Lesben und Schwulen sind 1969 auf die Straße gegangen, um für ihre Rechte zu kämpfen.
Gesellschaft
Ist die Entwicklung von der brutalen Straßenschlacht in der New Yorker Christopher Street 1969 hin zum fröhlichen Münchner Stadtfest namens Christopher Street Day 2009 Ausdruck einer Erfolgsgeschichte der Bewegung?
Mit Sicherheit ist diese Entwicklung ein Fortschritt, aber wir sind noch nicht am Ende angelangt. Es gibt noch viel zu tun. Diskriminierungen Homosexueller in Alltags- und Berufsleben stellen nach wie vor ein Problem dar.
Und sind also die Homosexuellen/Transgender nach 40 Jahren (weitgehend) mitten in der Gesellschaft angekommen?
Teils, teils. Das Coming-out eines jungen Schwulen ist immer noch für jeden Einzelnen ein schwerer Prozess, weil es in der Gesellschaft weiterhin viele Vorurteile gibt. In der Schule ist das besonders spürbar. Hier müssen wir ansetzen. Weitere Felder sind Migranten und alte Schwule. Wir bemühen uns um Integration. Auch in der Homo-Ehe müssen Lesben und Schwule noch immer rechtliche Benachteiligungen hinnehmen, wie etwa im Steuerrecht. Außerdem dürfen wir nicht gemeinsam Kinder adoptieren.
Was bedeutet die homosexuelle Forderung nach Toleranz und Akzeptanz konkret?
Akzeptanz können wir einfordern, weil unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft von der Pluralität der Lebensstile lebt, die frei nebeneinander existieren dürfen. Jeder Mensch darf sich entfalten. Nebeneinander heißt aber noch nicht Miteinander. Toleranz geht einen Schritt weiter. Im Idealfall tauschen sich Menschen unterschiedlichster Couleur aus, inspirieren sich gegenseitig und prägen so auch die Kultur dieses Landes. Toleranz können wir nicht einfordern, die müssen wir uns erarbeiten.
Zum Schluss
"Homoehe" seit 2001, schwule Spitzenpolitiker, lesbische TV-Moderatorinnen und Tatortkommissarinnen. Manch eine/r wundert sich deshalb: Was wollt ihr eigentlich noch?
Sicherlich hilft mediale Präsenz, Vorurteile abzubauen und Normalität zu schaffen. Prominente bleiben jedoch Einzelfälle, die kurzfristig für Schlagzeilen sorgen. Das verhilft weder zum tieferen Einblick noch zum größeren Verständnis für lesbisches oder schwules Leben. Trotz Lena Odenthal alias Ulrike Folkerts wollen Mütter keine lesbischen Töchter.
Was hat München, was Berlin oder Köln nicht hat?
Eine sehr ausdifferenzierte Szene, bestehend aus Vereinen und Organisationen, mit vielen Angeboten und starkem Zusammenhalt, wie die Eurogames 2004 bewiesen haben. München hat mit dem Sub ein Schwulenzentrum, das es mit Berlin aufnehmen kann. Und unsere HIV-Prävention ist führend in Deutschland.
Was trägst Du beim CSD?
Wie sang Rudi Carell: Lass Dich überraschen.
Sub
Das Sub wurde 1986 gegründet. Neun hauptamtliche Mitarbeiter, drei geringfügig Beschäftigte, etwa 150 Ehrenamtliche. Finanzierung durch das Sozialreferat der Stadt München, das Referat für Gesundheit und Umwelt sowie das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie Spenden, Mitgliedsbeiträge, das Sub-Café und eigene Veranstaltungen wie das Maibaumfest, die Magic Bar-Tour und das Hans-Sachs-Straßenfest.
Das Sub wurde 1986 gegründet. Neun hauptamtliche Mitarbeiter, drei geringfügig Beschäftigte, etwa 150 Ehrenamtliche. Finanzierung durch das Sozialreferat der Stadt München, das Referat für Gesundheit und Umwelt sowie das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie Spenden, Mitgliedsbeiträge, das Sub-Café und eigene Veranstaltungen wie das Maibaumfest, die Magic Bar-Tour und das Hans-Sachs-Straßenfest.
Fragen: Marion Hölczl, Fotos: Carlos Lopes