Ist doch ganz gleich, wen wir lieben... ...aber nicht, wen wir wählen!

Ein Kommentar der CSD-Orga zum Motto 2013

Letztes Jahr, als wir gemeinsam hinter der CSD-Bühne standen, sagte mir die lesbische Aktivistin Olena Semenova aus Kiew: „Wir wissen nicht was nach der Wahl auf uns zukommt, wenn sich die konservativen Parteien durchsetzen. Ob wir dann überhaupt noch für unsere LGBT-Organisationen arbeiten dürfen? Wir wissen nicht was sie mit uns vorhaben.“

So bedrohlich, sollte der Regierungswechsel nicht gelingen, werden die Folgen der bayrischen Landtagswahl und die der Bundestagswahl im September wohl nicht für unsere Community werden. Hier gibt es mittlerweile viele Menschen, die glauben – „egal wen Du wählst, ist doch eh´ alles gleich, wählen gehen bringt nix“. Irrtum, es ist eben nicht alles gleich. Hätten aktuell oder auch nur seit fünf Jahren alle Parteien in Deutschland die gleiche positive Haltung uns gegenüber, dann müssten wir Homosexuellen und Transgender doch endlich ohne Einschränkungen über die gleichen Rechte verfügen können.

Stattdessen konnten wir in den letzten Jahren der CSU/FDP-Regierungsmehrheit im Landtag und der
CDU/CSU/FDP-Regierung im Bundestag bei ihrem homopolitischen Eiertanz und ihren unwürdigen Blockadespielchen zuschauen. Deren LGBT-Politik lässt sich so zusammenfassen: „Die rechtliche Gleichstellung für Homosexuelle und Transgender? Nur wenn uns das Europarecht und Gerichtsurteile dazu zwingen“. Da hilft auch kein schwuler Außenminister und auch nicht die vereinzelten Stimmen in der CDU oder der CSU, die eine tolerante Politik für uns fordern.

Die Auswirkungen der mangelnden juristischen Gleichstellung spüren existentiell und direkt Lesben / Schwule und Transgender, die heiraten wollen, sowie Lesben und Schwule, die Kinder bekommen und / oder adoptieren wollen. Die massiven Benachteiligungen im Steuer- und Adoptionsrecht betreffen jedoch nicht nur die finanzielle Existenz von Homosexuellen. Die Verweigerung gleicher Rechte und damit die Verletzung unseres Bedürfnisses nach gleichen Rechten, treffen viel tiefer und nicht nur die konkret Betroffenen. Diese juristischen Sondergesetze erklären uns nach wie vor zu nicht gleichwertigen Menschen. Und: die Botschaft meint alle, Lesben, Schwule und Transgender, egal ob wir heiraten wollen oder nicht, Kinder bekommen wollen oder nicht.

Dagegen müssen wir uns alle zusammen wehren. Es ist eben nicht gleich, wen wir wählen. Es macht einen deutlichen Unterschied, ob die gewählte „Volksvertreterin“ Katharina Reiche oder Claudia Roth heißt. Es wird einen wunderbaren Unterschied ausmachen, sollte der nächste bayerische Ministerpräsident Christian Ude und nicht Horst Seehofer heißen.

Wählen können ist ein demokratisches Recht, das ich nutzen werde. Meine Stimme kann ich nur Personen oder Parteien geben, die sich freiwillig und glaubhaft für die Gleichstellung aller Menschen einsetzen. Denn neben dem politischen Umgang mit unserer Minderheit gibt es noch andere „Wahlprüfsteine“, die für mich wichtig sind, wie z.B. die Flüchtlingspolitik, die Frauengleichstellung, das konsequente Handeln gegen Neonazis und Rechtsradikale, die Migrationspolitik und eine Wirtschaftspolitik, die dem Wohl der Bevölkerungsmehrheit verpflichtet ist.

Mein politischer Traum 2013: In Bayern und Deutschland wird Schwarz/Gelb abgewählt.

Rita Braaz, Pressesprecherin des CSD München
rita@csdmuenchen.de