GESTORBEN WIRD HINTER DER GRENZE
Aids: Die Menschheit versagt
Unsere Luftballonaktion zum Gedenken an die Freunde und Freundinnen, die an den Folgen von HIV/Aids verstorben sind, war in den vergangenen Jahren stets ein stiller Moment inmitten des fröhlichen CSD Trubels. „Fight for global rights – Solidarität kennt keine Grenzen“ lautet unser CSD-Motto. Unsere Solidarität endet weder an den Grenzen des Freundeskreises noch an den Grenzen von Nationen oder Religionen. Doch 7,6 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu antiretrovirale Behandlung. Die Weltgemeinschaft versagt vor dem universellen Recht auf lebensrettende Therapie. Dieses Recht bleibt exklusiv. Zwar wird es in Form von preiswerten Medikamenten der Stufe 1 einem Teil der armen Erdbevölkerung als Almosen gewährt, vor den nun benötigten Medikamenten der Stufe 2 stehen aber das Patent und der hohe Preis. Hier triumphiert Geschäftstüchtigkeit über die Menschlichkeit und wird durch Handelsverträge, Gesetze und staatliche Gewalt geschützt.
Immerhin, die Ausgaben für die Bekämpfung von Aids haben sich in den letzten 16 Jahren verfünfzigfacht, auf über 11 Milliarden Euro weltweit. 19 Milliarden würden aber benötigt, um alle Menschen zu behandeln, zu pflegen und zu unterstützen.
Aids wirke wie ein Vergrößerungsglas, unter dem die Ungleichheit von Geschlecht, Rasse, Schichtzugehörigkeit und Kultur besonders stark hervorträte, schrieb Carrie Broadus von Women Alive 2003. Wir können das heute in Europa überprüfen. In Griechenland stiegen im letzten Jahr die HIV-Neuinfektionen sprunghaft an, um das Fünfzehnfache allein unter intravenösen DrogengebraucherInnen. 2011 stellten sie ein Viertel aller registrierten Positiven. Ein Jahr zuvor waren es nur 2,5%. Da waren aber bereits ein Drittel ihrer Beratungsstellen Sparprogrammen zum opfer gefallen. Unsere Solidarität war selten so gefragt wie heute.